Es war der 31. Oktober 2020 – Halloween. Max, Tim und Archie wollten sich bei Kevin treffen, um dann gemeinsam um die Häuser zu ziehen und Süßigkeiten zu sammeln. Kurz nach 18 Uhr waren endlich alle da und es sollte losgehen. Dieses Jahr hatten sie sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen und sich alle als Fantastic Four verkleidet. Ohne einen blassen Schimmer, was ihnen in den nächsten 60 Minuten widerfahren würde, verließen sie Kevins Haus und näherten sich ihrem Schicksal.
Sie starteten bei den Nachbarn, die wie jedes Jahr eine bombastische Deko hatten: Von Skeletten, die aus unechten Gräbern ragten, Nebel, der dicht über dem Boden hing, bis hin zu Zombies in Lebensgröße war wieder einmal alles dabei. Wie sollte es anders sein, wurden dort „Aug“-Äpfel und Muffins in Gehirnform verteilt – ein perfekter Start also. Es dauerte keine halbe Stunde, bis sowohl ihre mitgenommenen Tüten als auch ihre Bäuche mehr als prall gefüllt mit Süßigkeiten waren. Sie entschlossen sich deshalb eine kleine Pause einzulegen und setzten sich auf eine Bank.
Auf einmal nahm Archie hinter sich ein leises Atmen wahr. Als er sich umdrehte, konnte er jedoch niemanden entdecken. „Habt ihr das auch gerade bemerkt?“ „Was meinst du?“, fragte Kevin und schob sich noch einen von diesen leckeren Karamellriegeln in den Mund. „Na dieses Atmen gerade“. „War Alkohol in deinen Bonbons? Wahrscheinlich siehst du auch gleich…“. Weiter kam Max mit seinem Satz nicht, denn im selben Moment hatten auch Tim, Kevin und er selbst einen leichten Atemzug im Nacken gespürt. „Kommt Leute, da will sich wohl jemand ein Späßchen mit uns erlauben. Lasst uns abhauen“. „Ja, kommt, lasst uns weitergehen“, stimmte auch Tim zu. Sie wollten aufstehen, doch es ging nicht. Ihre Beine fühlten sich auf einmal schwer und weich zugleich an. „Ich kann nicht aufstehen“, stellte Max fest. „Ich auch nicht, meine Beine… sie bewegen sich irgendwie nicht“, sagte Tim, der schon immer der größte Schisshase von allen gewesen ist. Archie bekam ebenfalls Panik und schrie laut um Hilfe. „Das wird euch nichts nützen… Schreit ruhig“, flüsterte eine Stimme von hinten. Gleichzeitig spürte Archie, wie eine Hand auf seine Schulter gelegt wurde. „Wer sind Sie und was wollen Sie von uns?“ „Was ich will?“, fragte die Stimme. „Mhm, mal überlegen… Was will ich denn von euch? Möchte ich mich nett mit euch unterhalten? – Nein. Möchte ich euer Freund sein? – Nein. Ich möchte mit euch ein Spiel spielen“, sagte die Stimme, die aus einem übel riechenden Mund mit schlechten Zähnen kam. „Was für ein Spiel? Lassen Sie uns in Ruhe“, schrie Kevin, der bis jetzt am coolsten von allen geblieben war.
„Ein Spiel, bei dem nur einer gewinnen kann. Dazu werde ich euch jetzt ein paar Fragen stellen. Beantwortet ihr alle Fragen richtig, wird euch nichts passieren und ihr könnt gehen. Also vorausgesetzt eure Beine funktionieren wieder. Beantwortet ihr aber nur eine Frage falsch, dann ist dies euer letztes Halloween gewesen. Also ganz einfach.“ „Sie sind ja vollkommen irre, da machen wir nicht mit“, brüllte Tim und versuchte vergeblich seine Beine wach zu schütteln. „Noch jemand, der sich freiwillig für die erste Frage meldet? Mhm? Niemand? Also schön. Danke, dass wir mit dir anfangen können.“ „Überlegt gut, wenn euch euer Leben etwas wert ist. Meine erste Frage lautet: Wie viele Mitspieler hat unser kleines Spielchen?“ „Antworte nicht“, flehte Archie, die Tränen in den Augen. „Aber wir müssen antworten, sonst sterben wir alle“, wimmerte Tim. „Also lasst uns überlegen, wir vier…und zählt er mit oder nicht?“ „Ich würde sagen, ja. Schließlich wären wir ohne ihn nicht in dieser Situation…“, flüsterte Kevin. „Was soll ich sagen? 4? Oder 5?“ „Lasst uns abstimmen. Wer ist für 4? Keiner? Ok, dann sag 5, Tim.“ Zögerlich und mit panischer Angst war Tim gerade dabei „5“ auszusprechen, als der Irre ihm zuvorkam. „Falsch, wir sind nur noch zu viert…“. Und im gleichen Moment holte er ein riesiges Messer hinter seinem Rücken hervor, dessen Spitze…
In diesem Augenblick wachte Archie schweißgebadet in seinem Zimmer auf. War etwa alles nur ein Traum? Er blickte auf die Uhr. Es war viertel nach fünf. War er etwa eingeschlafen? „Gott sei Dank“, stöhnte er „das war ja ein fürchterlicher Albtraum.“ Jetzt muss ich mich aber beeilen, damit ich noch rechtzeitig bei Kevin bin. Er schlüpfte schnell in sein Kostüm der menschlichen Fackel und verließ das Haus. Pünktlich um 18 Uhr gingen sie los. Bereits nach kurzer Zeit mussten sie eine Pause machen, weil ihre Tüten schon voll mit Süßigkeiten waren. Sie setzten sich auf eine Bank und Archie erzählte von seinem Albtraum, den er gehabt hatte, als er hinter sich ein leises Atmen wahrnahm…