Für 50 Nachwuchsjournalist*innen aus ganz Deutschland ging es am 18.11.2022 nach Berlin in das Bundesministerium für Bildung und Forschung zum Jugendpressetag des Jugendmedienzentrums, um mit der Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger über Themen, wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Fachkräftemangel und die Bildung sowie Forschung der Zukunft, ins Gespräch zu kommen.
Bettina Stark-Watzinger geht seit dem 8. Dezember 2021 ihrer Tätigkeit als Bundesministerin nach, ist seit 2017 Abgeordnete im Bundestag und seit März 2021 ebenfalls Vorsitzende der FDP Hessen. Die Bundesministerin verfolgt im Bereich der Bildung als oberstes Ziel, dass die Anzahl der Personen ohne Schulabschluss verringert werden muss und vor allem, dass die Herkunft nicht mehr über den weiteren Bildungsweg entscheiden darf. Hier ist primär die häusliche Unterstützung gemeint, die stets einen Einfluss auf die Bildungschancen jedes Einzelnen hat. Gerade in unserer Demokratie sollte der Selbstbestimmung ein größerer Wert zugesprochen werden. Elternunabhängigkeit ist ein Teil der Reform und soll über BAföG, welches der erste Baustein ist, erreicht werden. Auch die Kindergrundsicherung ist für die Unterstützung der Familien von unverzichtbarer Bedeutung.
Des Weiteren erwähnte sie zurückblickend auf die zwei vergangenen Pandemie-Jahre, dass gerade diese entstandenen Lerndefizite aufzuarbeiten sind. Hierfür müsste ein Auffangsystem geschaffen werden. Die Schulschließungen bezeichnete sie als einen unglaublichen Fehler, da insgesamt 20% der Schüler*innen während der Corona-Pandemie nicht erreicht werden konnten. Stark-Watzinger sieht von einer erneuten Schulschließung dementsprechend ab, wünscht sich zuerst Lernstandsüberprüfungen, sodass darauffolgend ein „Start-Chancen-Programm“ entwickelt werden kann.
Die am häufigsten gestellten Fragen betrafen die Unterschiede der Bildungssysteme und Abiturprüfungen der Länder. Bettina Stark-Watzinger betonte an dieser Stelle, dass zwar bereits bundesweite Standards existieren, jedoch keine Umsetzung stattfindet. Zu beachten gilt auch, dass zentrale Regelungen nicht immer besser seien, da Schule selbstständig sein muss und die Freiheit vor Ort zur Anpassung der individuellen Bedürfnisse benötigt wird. Dass jedoch die großen Unterscheidungen der Niveaus beim Abitur ungerecht sind, stimmte sie zu und hinterfragte den Sinn eines einfachen Abiturs für das eigene Bundesland, da die Universitäten schließlich im Anschluss diesen Faktor bei Bewerbungen miteinbeziehen.
Im Bereich der Berufsorientierung setzt sie den Fokus primär auf Berufserfahrungen durch Praktika. Diese sollten früher eingeführt werden, sodass Schüler*innen sich schon vor der 11. Klasse ein Bild des Berufes machen können. Hier betonte sie jedoch auch, dass es nicht nur um das Kennenlernen der Tätigkeit geht, sondern primär um das Erforschen der eigenen Interessen und Stärken für die Zukunft. Es gilt mehr Vielfalt in die Schulen zu bringen, da stupides Auswendiglernen wenig effizient sei. Das bundesweite Programm „Makerspaces“ greift diese Thematik auf und soll neben der Schule Raum zur Weiterentwicklung eigener Fähigkeiten bieten.
Gerade durch das stupide Auswendiglernen und die Eintönigkeit leiden viele unter psychischen Problemen. Hierzu trug auch die Corona-Pandemie ihren Teil bei, da die Jugendlichen unter einer zusätzlichen Belastung zu leiden hatten. In diesem Bereich gilt es als Ziel, die Anzahl an Psychologen an Schulen aufzustocken. Hier befindet sich die Bundesministerin bereits mit der Kultusministerkonferenz im Austausch. Eine Hürde stellt der Mangel an Psychologen auf dem Arbeitsmarkt dar, weshalb durchaus über Hilfe von Sozialarbeitern nachgedacht wird.
Eine weitere Thematik war der herrschende Fachkräftemangel. Hier muss eine Balance gefunden werden, weshalb die Ministerin die Gleichwertigkeit der Berufe aufzeigen und berufliche Bildung moderner und attraktiver gestaltet möchte.
Auch im Lehramt setzt sie auf mehr Fortbildungsmöglichkeiten sowie zusätzlich das Professorinenprogramm 2030, welches die Anzahl der Professorinnen in Deutschland erhöhen und durch spezifische Maßnahmen die Gleichstellungsstrukturen an Hochschulen stärken soll.
Das digitale Zeitalter bringt auch für Schulen und Universitäten Chancen und Risiken mit sich. Insgesamt wurden 5 Milliarden Euro des Haushaltes zum Ausbau der Digitalisierung genutzt. Gerade diese Thematik stieß bei den Jugendlichen auf reges Interesse. Bettina Stark-Watzinger äußerte sich hierzu wie folgt: „Digitalisierung ist etwas, dass wir nutzen können, aber nicht bestimmen soll. Sie bietet uns sowohl eine Chance als auch eine Aufgabe.“
Eine große Chance der Digitalisierung ist die individuelle Unterstützung und Erleichterung des Schulalltags der Schüler*innen. Doch auch die Lehrer*innen könnten entlastet werden, da ihnen durch speziell zugeschnittene Lernprogramme Arbeit abgenommen werden kann. Jedoch darf laut Stark-Watzinger auch nicht in Vergessenheit geraten, dass durchaus das Risiko besteht, dass wichtige motorische Fähigkeiten verloren gehen könnten.
Neben dem Bereich der Bildung gehört auch die Forschung zu ihren Aufgaben. Als Hauptziele formulierte sie hier die Klimaneutralität und den Ausbau erneuerbarer Energien wie grünen Wasserstoff. Wir müssten von der Atomkraft wegkommen und könnten dies beispielhaft mit der Nachbildung der Sonne mithilfe der Kernfusion erreichen. Über das notwendige Wissen verfügen wir bereits, jedoch muss die Kernfusion billiger und noch effizienter werden. Insgesamt rief die Bundesministerin dazu auf sich frühzeitig mit Zukunftsthemen zu beschäftigen. Der Jugendpressetag bot allen jungen Nachwuchsjournalist*innen einen Einblick in die Arbeit im Ministerium und die Chance, ihre Fragen zum Bildungssystem und der Forschung loszuwerden.