Das Europa der Zukunft

Ein vereintes Europa?

In Vielfalt vereint“. Das ist der Wahlspruch der Europäischen Union. Doch wie schafft man es, 27 verschiedene Länder mit unterschiedlichen Kulturen, Überzeugungen und Zielen zu „vereinen“, vor allem in der heutigen Zeit, in der brisante Themen wie bspw. der Klimawandel sofortiges Handeln erfordern?

Ein gemeinsames Ziel. 27 Staaten, die an einem Strang ziehen und versuchen, den Klimawandel aufzuhalten und unseren Planeten zu schützen. Eine nahezu ideale Vorstellung. Die Realität sieht leider anders aus. Im Dezember 2019 haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf eine Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 geeinigt. Doch wie ist es möglich, alle Staaten zum Mitmachen zu bewegen?

Stellen wir uns das Jahr 2030 vor. Europa steht vor beziehungsweise befindet sich in einer Zeit des Wandels. Laut Greenpeace muss bis 2050 der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen um mehr als die Hälfte verringert worden sein, was bedeutet, dass vor allem die emissionsstarken Industriestaaten eine Reduktion von 80% verwirklicht haben müssen. Ein ambitioniertes Ziel, das vor allem für Europa, welches ganzheitlich als Industriestaat angesehen werden kann, schwer umzusetzen ist. Die Energiereform, insbesondere der Kohleausstieg, muss nun endlich verwirklicht werden.

Auch in anderen politischen Fragen ist Europa nicht immer einer Meinung. Wenn zum Beispiel einzelne Länder EU-Regelungen nicht umsetzt oder einen stark nationalistischen Gedanken vertreten und somit für eine Spaltung sorgen, wenn Beschlüsse umgesetzt werden, für die sie nicht gestimmt haben.

Verordnungen und Gesetze beschließen ist in einer Demokratie wie Europa nur möglich, wenn die Mehrheit der Stimmen sich für dieses Ziel einsetzt und bei Nichteinhaltung der beschlossenen Maßnahmen entsprechende Sanktionen verhängt werden. Doch auch diese schwächen den Zusammenhalt der europäischen Länder, was wiederum für eine angespannte Lage sorgt.

Stellen wir uns also ein Europa vor, in dem solche Probleme nicht existieren. Ein Europa, das wirklich „vereint“ ist. Als ein einzelner Staat, der föderalistisch strukturiert ist. Die Regierung dieses Staates sitzt in Brüssel und ist parlamentarisch organisiert – so wie jetzt auch. Wo früher Ländergrenzen waren, sind nun lediglich die Übergänge von einer Verwaltungszone in eine andere, ähnlich wie auch die Bundesländer in Deutschland organisiert sind. Die einzelnen „Verwaltungszonen“ haben viele Freiheiten und können in vielen Regierungssektoren weiterhin selber entscheiden. So haben sie zum Beispiel einen eigenen Haushalt, bekommen aber Zuschüsse durch die europäische Regierung. Natürlich hätte eine solche Entscheidung auch kulturelle Auswirkungen. So müsste es eine gesamt-europäische Amtssprache geben und auch das Gemeinschaftsgefühl Europas müsste gestärkt werden, indem es beispielsweise gemeinsame Feiertage gibt. In globalen beziehungsweise besonders wichtigen Angelegenheiten, wie bspw. klima- oder verteidigungspolitischen Fragen, entscheidet der Hauptregierungssitz in Brüssel. Natürlich hätten auch die europäischen Bürgerinnen und Bürger ein Mitspracherecht. Jede „Verwaltungszone“ würde seine eigenen Vertreter wählen, die im Parlament ihre Stimme sind und ihr Interessen vertreten. So würde das Volk nicht übergangen werden.

Doch wäre das wirklich die Lösung der innereuropäischen Kontroversen? Zumindest würde in diesem Szenario zwar jedem Land eine Stimme gegeben werden, einheitliche Beschlüsse würden allerdings besser und mit größerer Wirkung umgesetzt werden können. Nationales Verhalten, durch das jedes Land sich an erste Stelle setzen möchte, könnten besser verhindert bzw. kontrolliert werden. Dadurch könnte das globale Wohl an erste Stelle gesetzt werden, was in keiner Zeit so wichtig wie in dieser Zeit ist. Die Menschheit und unser Planet, die Erde, würden effektiver geschützt werden. Natürlich sind solche Entscheidungen noch viel weitreichender und können ungeahnte Folgen haben, viele nationale Bräuche würden verloren gehen. Doch auch in einem neuen Miteinander liegt eine Chance. Ein vereintes Europa ohne Krieg und mit einer Zukunft, die viel Toleranz mit sich bringt.

Wie erschafft man nun dieses idealisierte Europa? Die Antwort ist: Gar nicht.

Dieses idealisierte Europa wird vermutlich immer eine Illusion bleiben. Mag Europa auch noch so eine enge Gemeinschaft bilden, würde man es doch niemals schaffen, Länder, die über Jahrhunderte hinweg unabhängig voneinander gewachsen sind und erst seit wenigen Jahrzehnten gemeinsam Europa bilden, zu einem Land vereinen können. Insbesondere gegensätzliche politische Strömungen würden dieses Vorhaben verhindern. So wird zum Beispiel Italien von der populistischen und EU-skeptischen Partei „Movimente 5 Stelle“ oder Polen von der nationalistischen, klerisch-konservativen Partei „PiS“ regiert. Allein diese Strömungen unter einer Flagge zu einen, ist nahezu utopisch.

Diese Idee eines vereinten Europas ist keineswegs neu und wird wohl auch viel diskutiert bleiben müssen, bevor sie realisiert werden kann. Trotz allem sollte der (wenn auch steinige) Weg dorthin geebnet und die Bürger mit einbezogen werden. Das nötige Gemeinschaftsgefühl kann nicht auf Regierungsebene erreicht werden. Bürgerinnen und Bürger müssen anfangen, sich als Europäer zu sehen. Ohne diesen Grundgedanken, werden jegliche Anstrengungen seitens Brüssel vergeblich sein. Dieses Gefühl muss es sein, was Europas Ländergrenzen letztendlich belanglos macht.

Über Lisa Stalke 2 Artikel
Mein Name ist Lisa, ich bin 17 Jahre alt, gehe in die 13. Klasse und bin Chefredakteurin der Profil. Ich interessiere mich besonders für Politik und Geschichte. Mit meinem Artikel "Das Europa der Zukunft" habe ich den unzensiert-Preis des Jahres 2021/2022 in der Kategorie "Mein Europa" gewonnen.